Eine Katze am Redepult in einem komplett leeren, großen Hörsaal. Die Katze redet aufgeregt und gestikuliert.

Vorbemerkung: Dies ist ein Beitrag, der im Rahmen einer Lehrer:innen-Blogparade hätte erscheinen können. Wenn er annähernd rechtzeitig fertig geworden wäre. Und wenn ich so etwas ähnliches wie einen funktionierenden Blog hätte. Habe ich nicht, das ist irgendwie auch genau das Thema dieses Textes – aber immerhin ist es auch so ein Text, den geschrieben zu haben ich nicht bereuen werde. Seht selbst.

Wer im Rahmen einer Blogparade diese Frage stellt, stellt letztlich alles in Frage, und vielleicht ist es genau das, was eine gute Blogparade und schlussendlich auch das Lehrer:innenleben (oder jedes andere Leben) ausmachen sollte: Alles in Frage stellen. Und dann natürlich: Mögliche Antworten bedenken, abwägen, ein eigenes, ausgewogenes und begründetes Urteil finden und überzeugend präsentieren. Das klingt recht eindeutig nach der Definition des Anforderungsbereichs 3 im Abitur und das soll es auch. Im Bloggen tritt der mündige Bürger, die mündige Bürgerin an die digitale Öffentlichkeit. Ganz im Gegensatz etwa zu Beiträgen in Social Media, die schon wegen der erforderlichen Kürze fast nie ein adäquates Abbild fundierter Abwägungen sein können. Das heißt nicht, dass diese Abwägungen nicht stattgefunden haben, aber sichtbar werden sie nicht. Noch schlechter sieht es beim bloßen Teilen von Beiträgen aus, aber: Auch das ist natürlich kein Problem, es gehört zum normalen Kommunikationsverhalten digital und analog dazu, nur: es trainiert nicht unbedingt kritisches Denken und überzeugendes Argumentieren.

Warum aber müssen die Ergebnisse des eigenen Überlegens überhaupt in die Weltöffentlichkeit geblasen, also gebloggt werden? Ist das nicht wieder so ein Lehrer:innending, frei nach dem Motto: »Es wurde zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von mir?«

An dieser stelle wären einige fluffige Argumente gegen das oben geäußerte blogfeindliche Sentiment passen, jedoch: Es fallen mir kaum welche ein. Ich bin nicht eitel genug, von einer welt- oder auch nur bildungs-verändernden Wirkung meiner paar Posts auszugehen, zumal sie recht gut versteckt und kaum auffindbar sind. Und wenn ich wirklich Wichtiges beizutragen habe, ist mein Blog sicher nicht der Ort, an dem ich meinen Beitrag verstauben lassen werde. Auch das Argument der Kommunikation und des Austauschs zieht nicht so wirklich. Kommentare habe ich in meinem Blog abgeschaltet, weil die ganz viel Arbeit machen und wenig Ertrag bringen. Austausch über längere, programmatische Texte ist sowieso so eine Sache: Er ist aufwändig und meist unpersönlich. Wenn schon die meisten längeren Blogtexte eine sehr begrenzte Leser:innenzahl haben, gilt das noch viel mehr für längere Auslassungen über Blogtexte. Natürlich lese ich gerne die Texte auf bekannten Lehrer:innenblogs wie dem Lehrerzimmer oder dem halbtagsblog  aber als Teilnehmer einer echten Diskussion fühle ich mich da nicht, das läuft besser im realen Austausch z.B. im (nicht-virtuellen) Lehrer:innenzimmer, auf Fortbildungen oder in der Gewerkschaft.

Schließlich stellt sich die Frage »Warum überhaupt ein Blog« für mich gerade jetzt sehr konkret. Mein alter Blog, auf dem auch dieser Text noch (?!) veröffentlicht wird, ist ein digitales Sicherheitsrisiko, das noch mit dem obsoleten Joomla 3 läuft. Ich würde eigentlich gerne auf Typo3 wechseln, das gestaltet sich aber schwierig, mühsam, frustreich und vor allem: sehr langwierig; zumal in einer Zeit erhöhten Schulstresses (also ca. August bis Juli jeden Jahres).

Gleichzeitig ist das aber auch einer der wenigen Gründe, die eindeutig für ein Blog sprechen: Schon der technische Betrieb eines Blogs kann (je nach System) eine Herausforderung sein. Es trainiert digitale Kompetenzen, die auch in anderen Bereichen nutzbar sind, es trainiert ganz allgemein das Problemlösevermögen und es produziert ein zwar nicht greifbares, aber doch sichtbares Arbeitsergebnis, auf das man stolz sein kann. Gibt es etwas männlicheres, als den Kampf allein gegen die ungezügelten Elemente des Internets? Auge in Auge mit CSS und TypoScript? schutzlos ausgeliefert dem Erweiterungssystem von Typo3?

Wenn ich ganz ehrlich bin, dann enthält das Bloggen für mich durchaus mehr als nur Spuren von Eitelkeit. Sicher: es hilft, meine Gedanken zu sammeln und zu sortieren; es zwingt einem Wust von Ideen, Meinungen und Sentimenten ein gewisses Maß an Logik auf; es archiviert und sichert diese sortierten und logisch strukturierten Gedanken für den weiteren Gebrauch irgendwann später  aber das hätte man natürlich auch mit einem Tagebuch erreicht, wie es z.B. für einen Goethe noch gut genug war.

Was ein Tagebuch aber nicht kann: An einer Blog- (oder meinetwegen: Tagebuch-)Parade teilnehmen. Man stellt sich zumindest gedanklich in einen Austausch mit Anderen. Das hilft und das macht Spaß. Selbst wenn der Text in einer abgelegenen und bald dem Abriss anheimgegebenen Ecke des Internets, fern ab von jeder Öffentlichkeit, mehr versteckt als veröffentlicht wird.

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