Mein neuer Laptop ist ein Thinkpad. Thinkpads sind quasi eine Legende, aber mein alter Laptop war ein Macbook, und: Macbooks sind fast noch mehr Legende. Und wo mehrere Legenden sich gegenseitig ins Gehege kommen, entstehen Glaubenskriege – so auch im Streit Macbook versus Thinkpad. Was also läge näher, als die Vor- und Nachteile der beiden Laptops einmal miteinander zu vergleichen.
Zunächst einmal muss gesagt werden, dass in meinem unmittelbaren Umfeld, also im LehrerInnzimmer meines beschaulichen Kleinstadtgymnasiums, Macbooks inzwischen die absoluten Platzhirsche sind. Wer kein egal-billig-08/15 Gerät mitbringt, hat ein Macbook, sei es der weißplastene Urahn, sei es das silberne pro oder auch das schlanke Macbook Air. Meines Wissens gibt es nur ein einziges Thinkpad im Kollegium, und das habe ich in der Schule noch nie gesehen. Mein Neuer, ein T440s, wird also ein ziemlicher Außenseiter sein
Physische Robustheit
Einer der Gründe, warum ich mich seinerzeit für den Mac entschieden habe, war seine augenscheinliche Robustheit: Massives Aluminium, das musste einfach stabil sein. Tatsächlich bin ich in dieser Hinsicht nicht enttäuscht worden. Phasenweise hat mein gutes altes Macbook mich fast täglich in die Schule begleitet, und das hieß: in die enge Schultasche, zwischen Bücher und Mappen gequetscht, dann mit dem Fahrrad zum Bahnhof, von da weiter in der Bahn, immer wieder auf- und abgeladen und häufig genug umgefallen, das alles ohne Schutzhülle (kein Platz!) und in einem (Kreide-)staubigen Umfeld. Das schöne Aluminium hat zwar einige Kratzer davongetragen, die verstehen sich aber natürlich eher als Patina denn als Makel. Selbst das DVD-Laufwerk hat übrigens offensichtlich keine Kreide geschluckt, jedenfalls funktioniert es auch nach ca. 5jähriger Tortur tadellos wie am ersten Tag. Besonders begeistert hat der Deckel/Monitor mit einer aus massivem Einhorn gefrästen Rückseite: Das ist Verwindungssteifigkeit pur.
Das Thinkpad steht zwar auch im Ruf, langlebig und unempfindlich zu sein, allerdings ist der Deckel nicht aus Aluminium, sondern aus schöngeredetem Kunststoffen (GFK, Carbon) gefertigt und bezieht seine Stabilität (angeblich) aus Magnesiumeinlagen. Das mag alles stimmen, bringt aber offenkundig nicht den gewünschten Effekt: Direkt nach dem Kauf, das Gerät hatte meine Schultasche noch nicht gesehen, geschweige denn zu spüren bekommen, stellte ich bereits fest, dass es auf dem Tisch leicht kippelt. Nichts, was sich nicht mit ein klein wenig intelligent eingesetzter Gewalt korrigieren ließe, und nun kippelt und wackelt nichts mehr. Mit Vollalugehäuse wäre (und ist) so etwas aber nicht passiert.
Noch erheblich schlechter steht es naturgemäß um die Verwindungsfestigkeit des Bildschirms: Dieser lässt sich zwischen zwei Händen locker biegen, allerdings ohne sichtbaren Einfluss auf die Bilqualität. Das ist fast schon schade, denn beim Booten (Bildschirm komplett schwarz) sieht man am unteren Bildschirmrand sehr deutlich die ungleichmäßige Ausleuchtung und kann sogar einzelne Lichtpunkte der Hintergrundbeleuchtung lokalisieren. Bei Apple wäre so etwas undenkbar.
Andererseits: Das Macbook wiegt auch ganz erheblich mehr und ist überdies ein gutes Stück dicker als das Thinkpad.
Bildschirm
Die bereits angesprochenen Unregelmäßigkeiten in der Bildschirmausleuchtung sieht man tatsächlich nur beim Booten (also auf völlig schwarzem Hintergrund). Nach dem Start des Betriebssystems ist aber auch ein schwarzer Hintergrund absolut unauffällig.
Da mein MacBook ein altes Gerät ist, reicht es qua Auflösung bei weitem nicht an die 1920x1080 Pixel des Thinkpad heran. Entgegen aller Befürchtungen schlägt Linux sich übrigens sehr gut mit dem HD-Display. Schriften lassen sich in den Einstellungen (Gnome Tweak-UI) hochskalieren, die Fenster ließen sich ebenfalls skalieren, das ist aber aus irgendwelchen Gründen gar nicht erforderlich. Die Symbole erscheinen ein wenig klein, für einen Laptop mit begrenzter Bildschirmfläche ist das aber eher erfreulich.
In der Helligkeit geben sich MacBook und Thinkpad nichts, aber die Blickwinkelstabilität beim Thinkpad ist noch mal eine ganze Ecke besser als im MacBook, außerdem hat er ein mattes Display, das weniger störende Reflexionen verursacht. Auf der Negativseite muss erwähnt werden, dass das Display des Lenovo mit 14" zwar größer ist als die 13" des Apple, dass der Größenzuwachs aber in die Breite geht. Die für mich viel wichtigere Höhe des Bildschirms fällt beim Lenovo sogar noch ein wenig geringer aus.
Wie ein Vergleich mit dem aktuellen Retina-Display ausfallen würde, kann ich natürlich sagen.
Tastatur, Touchpad
Die Tastatur beider Laptops ist unglaublich gut, für mich sind in der Qualität und Tippfreundlichkeit keine Unterschiede zu erkennen. Die Tastaturbeleuchtung im MacBook funktioniert automatisch und lässt sich quasi stufenlos regeln, im ThinkPad kann sie manuell in zwei Stufen eingeschaltet werden.
Ärgerlich ist aber, dass Apple einige Tasten anders belegt, vor allem das "@" auf dem "L" statt dem "Q" ist für hauptsächliche PC-NutzerInnen ein steter Quell von Tippfehlern. Eckige Klammern und der senkrechte Balken sind auf der Appletastatur zwar vorhanden, aber nicht beschriftet. Noch ärgerlicher ist, dass (für mich) wichtige Tasten wie "Pos1", "Ende" und "Entf" völlig fehlen – hier ist der ThinkPad glücklicherweise voll ausgestattet.
Viel Kritik hat sich dagegen das Touchpad des ThinkPad eingefangen: Ebenso wie beim MacBook besteht es aus einer großen Fläche, die sich im Stück herunterdrücken (klicken) lässt. Im Gegensatz zum MacBook ist das Touchpad nicht am oberen Ende "aufgehängt", sondern wie eine riesige Taste "gelagert". Beim MacBook sind Klicks im oberen Bereich des Touchpads daher zusehends schwieriger bis fast unmöglich, weil der Hebel zum "Lager" immer ungünstiger wird. Beim Thinkpad ist ein Klick an jeder Stelle des Touchpad immer gleich einfach. Das Touchpad bewegt sich dabei ganz deutlich nach unten und macht auch etwa so viel Krach wie die Leertaste.
Beim Lenovo passiert es häufig, dass der Finger beim Klicken noch ein wenig verrutscht und man dann etwas ganz anderes anklickt als man eigentlich wollte – beim MacBook habe ich so etwas fast nie erlebt. Keine Ahnung, ob das an einem besseren Treiber oder an der etwas rauheren Oberfläche des Touchpad liegt, es führt jedenfalls dazu, dass das Touchpad im Mac sich unvergleichlich viel besser anfühlt.
Als kleines Extra hat der Lenovo einen zusätzlichen Trackpoint, eine Arte Mini-Joystick, mit dem sich der Mauszeiger ebenfalls steuern lässt. Ich habe mich daran noch nicht gewöhnt, aber das kann ja noch werden.
Schnittstellen und so
Der Lenovo ist schön schmal und schön leicht. Der Apple fühlt sich stabiler und solider an. Er hat außerdem noch das eine oder andere Gimmick, das man eigentlich nicht missen möchte: z.B. das magnetische Ladekabel, das bei plötzlicher Belastung abspringt, ohne etwas zu beschädigen. Oder die kleinen LEDs an der Seite, die auch im ausgeschalteten Zustand anzeigen können, wieviel Strom der Akku noch hat. Das alles fehlt dem Thinkpad – stattdessen findet sich hier ein Schacht für Smartcards (brauche ich nicht) und ein Fingerprintreader (dito, außerdem nicht mit Linux kompatibel). Beide Geräte haben USB-Anschlüsse (2xUSB 2 am Mac, 3xUSB am ThinkPad), einen Speicherkartenslot, einen Ethernetanschluss, eine kombinierte Audio/Mikrophon-Buchse und einen Mini-Displayport. Der Lenovo hat außerdem einen echten VGA-Anschluss, der bei Kontakt mit wechselnden, älteren Beamern sehr hilfreich sein kann.
Software: OSX - Linux - Windows
Eines der Hauptargumente für den Kauf des Lenovo war meine Hoffnung, dass er im Gegensatz zum Apple keine Probleme mit Linux haben würde – und diese Hoffnung hat sich voll bestätigt. Die Installation verlief absolut reibungslos, und zwar mit Debian. Es muss allerdings ein aktuelles Debian Jessie (8) sein, da in Wheezy die Netzwerkkarte nicht erkannt wird.
Nach vollbrachter Installation muss aus den non-free Repositories noch die Firmware für den WLAN-Chip installiert werden, und dann ist die Installation im Prinzip bereits abgeschlossen. So reibungslos habe ich noch auf keinem Laptop Linux (Gnome 3) installieren und benutzen können. Natürlich gibt es dann aber doch einige Linux-typische Problemchen, die man von Apple+OSX so nicht kennt (aber von Thinkpad+Windows wahrscheinlich auch nicht):
Am nervigsten sind die Probleme rund um Standby und Aufwachen: Das MacBook geht zugeklappt zuverlässig in den Standby-Modus, kann so locker 14 Tage überwintern und wacht nach dem Aufklappen ebenso zuverlässig wieder auf und lässt mich weiterarbeiten, wo ich aufgehört habe. Der Thinkpad kann das nach Wechsel auf systemd im Prinzip auch, verbrät aber trotzdem erheblich mehr Strom und ist nach wenigen Tagen bereits trocken. Beim Aufwachen gibt es nur selten Probleme, aber gelegentlich nimmt mein Mailprogramm keine Tastatur- oder Mausbefehle mehr an.
Auch beim Herunterfahren geht nicht immer alles glatt: Gelegentlich (und scheinbar zufällig) bleibt er im untersten Runlevel stecken und muss mit langem Druck auf die Powertaste zu Fuß ausgeschaltet werden. Es hat den Anschein, als ob das vor allem dann passiert, wenn vorher die virtual machine mit Windows aktiv war. Das lässt sich aber nur schwer feststellen, weil ich den Rechner nur selten ganz herunterfahre und wenn doch, nicht mehr genau weiß, welche Programme ich seit dem letzten Shutdown gestartet habe – im Zweifel (fast) alle.
Ein Teil der Funktionstasten (lauter – leiser - stumm, heller – dunkler, wlan an/aus) läuft unter Linux auf Anhieb, andere sind Funktionslostasten, denen auch keine Funktion zugewiesen werden kann – jedenfalls habe ich noch keine Möglichkeit gefunden. Funktionstasten zur Kontrolle eines Audioplayers fehlen leider ganz, das werde ich womöglich noch vermissen.
Da mein Thinkpad mit 12G Speicher und einer SSD recht gut ausgestattet ist, habe ich Windows nicht auf einer zweiten Partition als alternatives Bootsystem installiert, sondern via VirtualBox in einer virtuellen Maschine. Und auch hier lässt sich sagen: Es läuft wider Erwarten gut, besonders nachdem die VirtualBox-guest-additions im Gast-Windows installiert wurden. Der Windowsbildschirm lässt sich als Fenster auf dem Linuxdesktop beliebig vergrößern oder verkleinern, es gibt auch einen Vollbild- und vor allem einen "seamless Mode", in dem es nur den Linux-Desktop gibt, außerdem unten die Windows-Taskleiste, oben die Gnome-Leiste und dazwischen einen bunten Mischmasch aus Linux- und Windows-Programmfenstern. Eigentlich eine tolle Sache, angesichts des eher kleinen Monitors bevorzuge ich dann aber doch den Vollbildmodus für Windows.
Da es sich um ein vollwertiges Windows 7 (mit eigener Lizenz) handelt, gehe ich davon aus, dass alle Programme reibungslos funktionieren. Die online Installation von Office 2013 verlief jedenfalls problemlos. Für die Schule ist außerdem noch das Stundenplanprogramm Untis relevant (läuft seit 2014 nicht mehr unter Wine) und diverse Planungstools der Schulbuchverlage (natürlich keine Linux- und nur selten eine OSX-Variante vorhanden). Ob ich den Schulbuchverlagen weiterhin Programme abkaufe, die so vermurxt programmiert sind, dass sie unter Linux nicht laufen, ist natürlich eine andere Frage.
Fazit:
In allem, was einen guten Laptop von einem guten Desktoprechner unterscheidet, ist der Apple eigentlich besser: problemloses einschlafen, problemloses aufwachen, lange Akkulaufzeit, große physische Robustheit und die Mutter (und Königin) aller Touchpads.
All das funktioniert aber nur unter OSX so problemlos, wie es soll. Linux und Windows auf dem Mac laufen sowieso schlechter als OSX auf dem Mac, sie laufen aber auch schlechter als Linux und Windows auf dem Thinkpad. Daher lautet mein Fazit ziemlich eindeutig: Für alle, denen das Betriebsystem mehr oder weniger egal ist, ist das MacBook (sei es "pro" oder "Air") die mit Abstand bessere Wahl. Für wen Linux oder (erst recht: "und") Windows wichtige Faktoren sind, ist das Thinkpad besser geeignet.