plakat blumNRW wählt. Als Ausländer darf ich ja nicht mitwählen, bleibt mir also die Qual der Wahl erspart. Die Qual der Wahlwerbung bleibt mir hingegen nicht erspart, und was sich da aufgestaut hat, muss jetzt einfach mal raus.

Apropos Stau: Der FDP-Kandidat hat was gegen Stau's. NRW's Staus beginnen im Landtag, schreibt er. Früher mal hatte die FDP versucht, sich als Bildungspartei zu profilieren. Heute ist davon nur noch das Thema »Putzen in der Schule« übrig geblieben – wobei die als angeblich Schulschmutz-typisch dargestellte Grafitti-Wand nicht einmal zu einer Schule gehört. Und dann noch Herr Blum mit seinem Deppenapostroph. Alles schön in Großbuchstaben, hört ja sonst niemand.

Etwas mehr Schule gibt es bei der CDU. »Lehrer fehlen, Schule fällt aus. Die haben den Gong doch nicht gehört.« plakatiert man dort. Sicher ein nachvollziehbares Anliegen, allerdings scheint fraglich, ob gerade die CDU mit ihrem Sparfimmel dauerhaft neue Lehrer*innenstellen schaffen würde.

Noch gewagter wird's bei der Handlungsaufforderung auf diesem und anderen Großplakaten: »Uns reicht's! Wir wählen CDU.« Immerhin mit korrektem Apostroph und auch sonst recht ansehnlich gestaltet.

Man kann sich leicht ausmalen, warum die Wahlkampfstrateg*innen angesichts von Wutbürger*innen und AFD gerne die CDU zur Speerspitze des Protests verklären wollen, nur ...es funktioniert einfach nicht. Dazu sind die Erinnerungen an die Rüttgers-Koalition noch zu wach, dazu ist die CDU zu sehr Establishment, und dazu eignet sich vor allem auch der Spitzenkandidat zu wenig.

plakat laschet»Würden Sie diesem Mann einen Gebrauchtwagen abkaufen?« Fraglich. »Würden Sie diesem Mann auf die Barrikaden der Revolution folgen?« Sicher nicht.

Der Trick, einen lupenreinen Vertreter des Establishments als Vorhut des anti-Establishments zu inszenieren, erinnert ein wenig an Trump. Sicher, nur ein wenig. Ein wenig an Trump erinnert übrigens auch der Slogan »NRW geht vor.« Und noch ein wenig mehr an Trump erinnert das Ziel, »NRW stark machen« zu wollen.

Und wo wir gerade so schön bei Glaubwürdigkeit und Erinnerung sind: Ich erinnere mich, dass die philfalt, Fachschaftszeitung meines Vertrauens, schon vor 17 Jahren das berichtete, was auch heute ganz offensichtlich noch gilt: Laschet war (ist?) bereit, für den kurzfristigen Wahlerfolg das zu opfern, was man sonst für durchaus honorige Ansichten und Prinzipien halten könnte.

Lest selber (Klick auf das philfalt-Cover) – wenn auch der Kontext etwas kompliziert ist, weil es schon damals nicht mehr um seine Wahlkampfaktion an sich ging, sondern darum, dass die Fachschaft Philosophie in Aachen ihn Jahre später deswegen nicht als Lehrbeauftragten an der RWTH sehen wollte.

philfalt 53Achso, noch ein letztes Wort zum Slogan »Ein Aachener als neuer Ministerpräsident.« Lokalpatriotismus ist nicht nur kein Argument, sondern außerdem der kleine, fast genauso hässliche Bruder des Nationalismus. Und mit diesen Brüdern möchte nun wirklich niemand zu tun haben.

 

 

 

 

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