Echtzeitalter wird auf dem Klappentext als Roman über »Gamer« bzw. über einen Fan von »Age of Empires 2« beworben. Das stimmt. Es ist aber mehr oder weniger irrelevant.
Echtzeitalter von Tonio Schachinger ist vor allem ein schöner Coming-of-Age Roman, der das Aufwachsen eines jungen Österreichs Till in den Zeiten eines Kanzlers Kurz beschreibt. Computerspiele kommen auch vor, es kommen aber auch Handys, Zigaretten und Alkohol und Bücher und natürlich Frauen vor. Ganz besonders kommt aber die Schule vor, und zwar in Form eines elitären Privatgymnasiums, dessen elitärster und dünkelhaftester Lehrer ausgerechnet Tills Klassenlehrer wird und seine Schullaufbahn bestimmt.
Zumindest aus Lehrer*innenperspektive ist der Roman also vor allem ein Bildungs- oder Schulroman, und er vertritt ziemlich eindeutig die These, dass Schule als der dominierende Lebens- und Gesellschaftsort von Schüler*innen ihre Entwicklung und Entfaltung in jedem Fall maßgeblich bestimmt. – Allerdings nicht immer so, wie sich Lehrer*innen das vorstellen, weil Schule nicht nur durch Unterricht, sondern auch durch das ganze soziale Drumherum, vor allem aber durch bewusste Abwehr- und Ausweichaktionen gegenüber unterrichtlichen Zumutungen besteht. Tills Klassenlehrer ist ohne Frage ein schlechter Pädagoge. Aber auch dadurch formt er die Schüler*innen zu dem, was sie halt werden, und das ist in der Romanwelt nicht immer das schlechteste. Till emanzipiert sich und wird zu einem kritisch denkenden, selbstbewussten jungen Mann gerade in Abwehr der Zumutungen und später der totalen Ablehnung durch seinen Klassenlehrer.
Ganz am Ende des Romans wird das ein bisschen thematisiert: Nach Ende der Schulzeit trifft Till einen ehemaligen Mitschüler, der es im Nachhinein eigentlich »schon cool« fand, mit Unmengen fremdbestimmten Lesestoffs malträtiert worden zu sein. Ironischerweise ist es gerade Till, der nüchtern antwortet: »Spinnst du? Es war die Hölle, du Idiot!«