»Plattformen für Bildung« sind eines meiner beruflichen Themen: Ich bin an unserer Schule Admin für Moodle (»Logineo LMS«) und engagiere mich im Referat Digitalisierung der GEW; auch da geht es häufig um Bildungsplattformen. Thema ist meist das leidige Thema Datenschutz, vielleicht auch noch die didaktische Eignung der einen oder anderen Lernplattform.
Der vorliegende Band ist ein Produkt der Begleitforschung zur staatlich finanzierten Lernplattform Mein Bildungsraum. Noch nie gehört? Daran illustriert sich schön, wie relevant staatlich finanzierte Lernplattformen z.Zt. sind, besonders auf Bundesebene. Bildung ist Ländersache, und am liebsten würde jedes Land das digitale Bildungsrad komplett neu erfinden, zumindest muss es aber neu gebrandet werden. So gibt es an deutschen Schulen nicht nur das international verbreitete moodle, sondern mebis, LMS Lernen Hamburg, Moodle BW, Lernraum Berlin, SchulMoodle, Online Schule Saarland, SBS moodle, 2learn4students und, in meinem eigenen kleinen Land: Logineo LMS. Manches davon klingt nach moodle, anderes nicht, aber: alles ist irgendwie an die je spezifischen Bedürfnisse eines einzigen Bundeslandes angepasst. Manche Länder betreiben sogar mehrere Lernplattformen, um für noch mehr Vielfalt zu sorgen.
Warum diese Lernplattformen nicht so recht zünden wollen? Sicher hat es mit der Zersplitterung in diverse Einzelversionen zu tun, die ja auch die Integration von Weiterentwicklungen des allgemeinen moodle unnötig erschwert. Und natürlich haben die Länder alle kein Geld und statten ihre Lernplattformen entsprechend knapp aus. Ob eine zusätzliche Lernplattform des Bundes hier hilfreich ist? Ich glaube eher nicht.
Hilfreich ist aber die Begleitforschung der Autor*innen von Plattformen für Bildung, wenn auch die Texte manchmal etwas schwer zu lesen sind, von sehr unterschiedlicher Qualität und Relevanz sind und wenigstens teilweise eher nach akademischer Pflichtübung als nach mitreißender Vision einer besseren Bildung riechen.
Für mich wichtig war aber ein Gedanke, der die formative Wirkung von Plattformen thematisiert. Eine Lernplattform ist nicht einfach ein neutrales Werkzeug, sondern eine Lernplattform eröffnet Möglichkeiten und verschließt andere. Eine Lernplattform lenkt die Nutzer*innen auf den einen Weg und schreckt von anderen Wegen eher ab. Das hat pädagogische und didaktische Implikationen. Die Gestaltung der Lernplattform ist ein Instrument zur Gestaltung digital unterstützten Unterrichts. Es ist gut, wenn die Gestaltung des Unterrichts auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und politisch legitimierter Entscheidungen erfolgt, sie gehört daher in die Hände der Bildungsverwaltung und nicht in die Hände kommerziell operierender Konzerne; das ist eine Variante der Digitalen Souveränität, die weiter schaut als auf Verfügbarkeit, Kontrolle und Wertschöpfung. Für diese wichtige Erkenntnis bin ich dem Band dankbar – und verzeihe gerne, die spröde Sprache und die vielen Kapitel, die für mich eher weniger relevant waren.
Plattformen für Bildung ist im open access und daher als eBook kostenlos erhältlich.