Gerade auf der BBC (Worldservice) gehört: eine einstündige Sendung über das Hakenkreuz.
Darin wird u.a. argumentiert, dass die ursprüngliche Bedeutung des Hakenkreuzes im indischen Raum, lustigerweise auch in der Ukraine, und eigentlich überall auf der Welt sehr positiv und sicher völlig un-anti-semitisch gewesen sei. Der Beitrag schlussfolgert allen Ernstes, dass das Hakenkreuz, da weltweit verbreitet, die Menschheit einigen könne und lässt in großer Länge Gruppen und Menschen zu Wort kommen, die sich für seine Rehabilitierung stark machen.
Das klingt logisch, ist es aber nicht.
Wer sich für eine Rehabilitierung des Hakenkreuzes einsetzt, ohne sich selber als Nazi zu sehen, strebt eine Bedeutungsänderung an. Das ist in der Tat möglich, und es stimmt ja auch, dass das Hakenkreuz einst ein harmloses, jedenfalls nicht antisemitisches Symbol war. Erst der deutsche Nationalsozialismus hat es durch die massive Verwendung im Zusammenhang mit der NS-Ideologie zu einem international bekannten Symbol von Faschismus und Judenhass gemacht.
Eine neuerliche Bedeutungsänderung wäre also möglich - aber um welchen Preis?
Zunächst wären natürlich alle alten und neuen Nazis begeistert über eine neue Ausrede, dieses Symbol wieder öffentlich verwenden zu können.
Sollte sich die symbolische Bedeutung mit der Zeit tatsächlich verändern, wäre das für die Nazis natürlich ärgerlich, da ihr angestammtes Symbol seine überaus starke Aussagekraft verlieren würde. Aber was könnte die neue Bedeutung des Hakenkreuzes werden? Gerade weil es offenbar zu vielen Zeiten von vielen Kulturen verwendet wurde, hat es auch viele verschiedene und meist sehr vage Bedeutungen. Die in der BBC-Sendung vorgestellten BefürworterInnen des Hakenkreuzes konnten sich nicht auf eine einzige Bedeutung einigen. Es wäre ein Leichtes, das Hakenkreuz durch vielfältigen Gebrauch wieder alltagstauglich zu machen. Das gilt aber nicht für den Plan, eine neue, die alte überlagernde Bedeutung zu etablieren.
Und selbst wenn es gelänge: Die alte durch eine neue Bedeutung zu ersetzen bedeutet auch, dass man die alte für weniger relevant als die neue hält. Können wir das wirklich sagen? Ist die bisherige Bedeutung des Hakenkreuzes tatsächlich weniger gewichtig als das alles-und-nichts, für das das Hakenkreuz nach Meinung seiner BefürworterInnen künftig stehen soll? Wird die Irritation, die JüdInnen angesichts seiner Trivialisierung empfinden aufgewogen durch die Erleichterung Anderer, die sich die Verwendung dieses Symbols nicht länger verkneifen müssen?
Die massive öffentliche Verwendung des Hakenkreuzes im Zusammenhang mit mörderischem Antisemtitismus war auf eine kurze Zeit beschränkt und ist jetzt glücklicherweise Geschichte. Dass diese Zeit vorbei ist, bedeutet aber nicht, dass sie keine bleibenden Auswirkungen hat.
Zu diesen Auswirkungen gehört es, dass wir in einer unwiderbringlich veränderten Welt leben, die uns verpflichtet, die Erinnerung an den NS zu bewahren und das Gedenken an seine Opfer zu ehren. Kaum einer der heute lebenden Mensche ist für die Verbrechen des NS verantwortlich. Aber für einen angemessenen Umgang mit der Geschichte sind alle verantwortlich. Und das bedeuter auch, dass die symbolische Bedeutung des Hakenkreuzes nicht trivialisiert werden darf.
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