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Zum Weihnachtsfest kursiert bekanntlich viel Halbwissen und viel zu Klischees: Das Konsumfest ohne Inhalt, der angeblich von Coca-Cola erfundene Weihnachtsmann oder die Identität mit heidnischen Lichtfesten.

Herrn Göttert kommt das Verdienst zu, die Fakten zur Geschichte, zum Inhalt und zur Wirkung des Weihnachtsfestes sehr gründlich und fachübergreifend zusammengetragen zu haben. Er beginnt mit einer kritischen Würdigung des biblischen Befunds, geht über zu kirchengeschichtlichen Untersuchungen der Fixierung von Datum und Inhalt des Weihnachtsfests sowie zu Vergleichen mit verwandten christlichen und heidnischen Festen und Fest-Praktiken. Breiten Raum nimmt die Kulturgeschichte des Festes ein, wobei die Unterscheidung zwischen evangelisch und katholisch einen vergleichsweise breiten Raum einnehmen, während die soziale Frage oder auch Ausführungen zu den orthodoxen Kirchen vergleichsweise unterbelichtet bleiben.

Cas, die Hauptperson in Kiefts Roman De Onvolmaakten, lebt in einer mehrfach dystopischen Welt. Da ist einerseits die alleswissende KI, die direkt in die menschlichen Sinnesorgane eingespeist wird und die Rolle eines beratenden großen Bruders oder besten Freundes einnimmt. Da ist aber andererseits auch eine nur angedeutete ökologische und ökonomische Katastrophe. Der Großteil der Menschen scheint mehr schlecht als recht zu überleben und Quatschjobs verschiedenster Art zu übernehmen. Ein irgendwie noch funktionaler Staat versorgt aber auch sie mit allem, was man zum Leben wirklich benötigt, außerdem noch die eine oder andere Annehmlichkeit und, natürlich, den Zugang zur KI.

Back in the 90s setzte der renommierte katholische Alttestamentler Erich Zenger sich dafür ein, dem Alten Testament, der Geschichte Gottes mit seinem auserwählten Volk Israel, auch innerhalb der katholischen Kirche die ihm zustehende Bedeutung zuzugestehen. Er strebte daher unter anderem eine Abkehr vom als erniedrigend befundenen Namen Altes Testament an und diskutierte verschiedene weniger abwertende Bezeichnungen, z.B. Erstes Testament, das es dann auch auf in den Buchtitel geschafft hat. Das ist einerseits ein bisschen egoistisch, letztlich setzte er sich ja für eine Aufwertung seines eigenen Forschungsgebietes ein. Es bestand aber andererseits ein echter Bedarf für diese Intervention. Zenger zitiert in seinem Buch zahlreiche, teilweise haarsträubende Texte seiner Kollegen, die bis in die 80erjahre hinein das Alte Testament als bloßes Anhängsel, quasi als nachgeschobenes Prequel des Neuen Testaments verstehen und es damit dem Neuen Testament unterordnen. Selbst Joseph Ratzinger wird von Zenger mehrfach des Irrglaubens bezichtigt – das ist durchaus pikant, weil jener in den 90ern zwar noch nicht Papst, aber immerhin bereits Präfekt der Glaubenskongregation war.

Mendel Singer lebt die verdichtete und verallgemeinerte Version eines typischen Lebens osteuropäischer Jüd:innen um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Verdichtung bedeutet: Es passiert ganz schön viel, nämlich: Ein Sohn behindert (spricht nicht), ein Sohn weg (Armee) ein weiterer Sohn weg (Flucht vor Wehrdienst). Tochter promiskuitiv, dann Emigration in die USA (geflüchteter Sohn inzwischen dort), Sohn dann tot, Tochter in Nervenklinik. Dann noch ein Happy Ending, das hier nicht gespoilert werden soll.

Trotz der verdichteten Handlung ist Mendels Leben ein sehr ruhiges und langsames. Er ist nicht einfach der Fels in der Brandung, der mit allen Schicksalsschlägen schon irgendwie umgehen kann, sondern er ist der unbewegliche Maßstab, an dem sich die Geschwindigkeit des vorbeiziehenden Lebens seiner Familie erst bemessen lässt. Das liest sich recht angenehm und es lässt auch Raum, sich auf die detaillierte Beschreibung der weitgehend verloren gegangenen Kultur des Ostjudentums zu konzentrieren und sich an ihr zu erfreuen.

Klaus Modicks Roman Keyserlings Geheimnis ist ein Art Totalrekonstruktion eines Lebens anhand weniger Fragmente. Vergleichbar vielleicht mit den lebensnah gemalten Darstellungen von Sauriern, basierend auf wenig mehr als einige Knochenreste. Modick nimmt das dürre biographische Material, ergänzt es um mutmaßlich sehr frei als autobiographisch ausgelegte und zurechtgeformte Bruchstücke aus Keyserlings eigenen Werken und füllt das Ganze auf mit einer gehörigen Portion Kenntnis von Zeitgeist und Milieu sowie einer Messerspitze Phantasie. Was herauskommt, ist ein ruhig dahinfließender Roman über die Münchner Künstlerbohème zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Es wirkt alles sehr fin-de-siècle-mäßig, obwohl es dafür natürlich eigentlich zu spät ist

Wenn ein Muslim und ein Christ sich begegnen und so richtig viel Zeit haben, dann tauschen sie sich über ihre Gottesvorstellungen aus. Erleichtert wird der Austausch dadurch, dass Christentum und Islam sich beide auf den Abrahamitischen Gott zurückführen, also die gleichen Wurzeln für sich beanspruchen und, historisch, tatsächlich auch haben. Viele Gedanken, Konzepte, aber auch Personen und sogar ganze Geschichten aus der Hebräischen und der Christlichen Bibel finden sich auch im Koran. Gerade diese Verwandtschaft ist es aber auch, die das Gespräch sehr erschweren kann: Man kann kaum umhin, das Gegenüber einer falschen Vorstellung von Gott zu bezichtigen.

Mit dieser Denkschrift widmet sich die EKD erstmals gezielt dem Umgang mit Konfessionslosen, d.h.: Sie verlässt die Komfortzone des kirchlichen und kirchennahen Bereichs.

Am Anfang der Schrift steht eine Bestandsaufnahme - und der Befund, dass in Deutschland in der Tat die Gruppe der Konfessionslosen immer größer wird. Allgemein bekannt ist, dass das Phänomen der Kirchenflucht nicht nur in Deutschland, sondern in fast allen westeuropäischen Ländern virulent ist. Schon weniger bekannt ist, dass der Trend weltweit gesehen genau anders ist, christliche Kirche insgesamt sind wie auch der Islam auf einem deutlichen Wachstumskurs. Allerdings handelt es sich hierbei i.d.R. nicht um stark institutionalisierte Kirchen oder Glaubensgemeinschaften wie der EKD, sondern typischerweise eher um freie Kirchen, häufig auch Pfingstkirchen.

Es begab sich in den späten 80erjahren des vorigen Jahrhunderts, dass Peter Kliemann, mittlerweil renommierter Religionspädagoge, sich daran machte, den Abiturstoff Evangelische Religionslehre zunächst für sich und seine Schüler*innen, später auch für andere Interessierte zusammenzufassen. Letztlich ist das entstandene Werk also eine Dogmatik oder, evangelisch-laizistisch formuliert, ein Katechismus - allerdings gefiltert durch den Baden-Württembergischen Lehrplan der 1980er Jahre.

99 Tipps sind eine feste Marke im Repertoire von Cornelsen und das Gleiche kann man eigentlich auch von den juristischen Lehrer*innen-Ratgebern Günther Hoeggs sagen. Was man beim Kauf dieses Buches erhält, lässt sich also schon im Vorhinein ziemlich präzise abschätzen:

Eine Sammlung von aufs Wesentliche heruntergebrochenen Essentials zur Bewältigung typischer Situationen im Lehrer*innenalltag. Große Entwürfe, Reflexionen, gar Visionen kann man von dieser Reihe nicht erwarten, das ist aber natürlich auch nicht ihr Ziel. Detaillierte und umfassende Gesamtdarstellungen sind ebensowenig ihr Ziel, es geht wirklich um einen ersten Überblick – um das, was als Grundwissen eigentlich möglichst komplett hängenbleiben soll. Differenzierte Ausführungen schlägt man besser anderswo nach.

Mit Herrn Schätzing habe ich bislang noch keine Erfahrungen gesammelt, aber dem Vernehmen nach ist er bekannt für wahre »Pageturner« (SZ), »Thriller« (?) und Bücher, die man, einmal angefangen, nicht zur Seite legen kann. Er ist übrigens auch bekannt für eher umfangreiche Bücher, die sich aber nichtsdestotrotz flott weglesen.